Georeferenzieren heißt, einem Geodatenobjekt (Vektordaten, Rasterdaten)
seine geographische Position anzufügen. In der Regel müssen Rasterbildobjekten
georeferenziert werden, da durch das Fehlen eines geographischen oder
kartesischen Bezugssystems eine explizite Raumzuordnung nicht existiert.
Natürlich können auch Vektordatenobjekte georeferenziert oder rektifiziert
werden. Jedoch liegen Vektordaten nahezu immer (mit Ausnahme von CAD-Daten!) in
einem Referenzsystem vor. Hier ist die korrekte Zuweisung des Projektionssystems
von zentraler Bedeutung. Im Einzelfall kann es jedoch notwendig werden auch
Vektor-Objekte zu georeferenzieren.
Rasterdaten werden von den entsprechenden Aufnahmesystemen zunächst
immer ohne expliziten Raumbezug also ohne Georeferenzierung erzeugt. Erst in
einem zweiten Schritt wird dem Datensatz, falls notwendig, ein Raumbezug durch
ein Koordinatensystem zugewiesen. Grundsätzlich werden unterschiedliche Begriffe
und Ziele bei der Referenzierung und Rektifizierung von Rasterdaten verfolgt:
- Rektifizierung: Korrektur der
systemaren Aufnahmefehler eines
Scannersystems (Aufnahmeverzerrung des Aufnahmesystems, evtl.
Flugbahneigenschaften) und der Verzerrung durch die Ellipsoid-Gestalt der
Erde mit Hilfe von Passpunkten und mathematischen
Transformationsfunktionen
- Koreferenzierung: Zuweisung einer
relativen Geometrie
unterschiedlicher Rasterdaten aufeinander (z.B. verschiedene spektrale,
zeitliche Bildkanäle eines Satelliten oder Zeitserien verschiedener
thematischer Karten) mit Hilfe von Passpunkten und mathematischen
Transformationsfunktionen
- Georeferenzierung: Erstellung einer
geometrischen Lageanpassung eines
digitalen Rasterbilds (z.B. Scanvorlage einer topographischen Karte) unter
Verwendung eines existenten Bezugsrahmens mit Hilfe von Passpunkten und
mathematischen Transformationsfunktionen
Nach Erstellung des mathematischen Modells (durch die Software) erfolgt
dann die Anwendung der ermittelten Rechenvorschrift auf den Rasterdatensatz, das
sogenannte Resampling. Dies dient:
- zur Positionsberechnung der referenzierten Pixelmatrix.
- Zur Werteberechnung der neuen Pixelwerte da durch die z.T. erheblichen
Verzerrungen der Ursprungsmatrix für die Ziel-Pixel-Werte die sinnvollsten
Werte ermittelt werden müssen.
Der gesamte Vorgang (Rektifizierung, Georeferenzierung und Resampling)
wird häufig als Geokodierung von
Rasterbilddaten bezeichnet. Das Verfahren der Geokodierung ist mathematisch
relativ aufwendig und wird nachfolgend vereinfacht dargestellt (2007). Es wird angenommen, dass zwei digitale
Datensätze von denen ein Datensatz bereits georeferenziert ist (z.B. eine
georeferenzierte topographische Karte) vorhanden sind:
Schritt 1:
Identifikation sogenannter Passpunkte (ground
control points; GCP). Die Lage der Punkte muss sich sowohl im Bild als auch
im Referenzbild möglichst genau entsprechen. Als Faustregel gilt je
verzerrter desto mehr GCPs. Als Passpunkte in Frage kommen leicht
identifizierbare Punkte, z.B. größere Straßenkreuzungen, Brücken,
Geländeformen, Grundstücksgrenzen etc..
Die Passpunktkoordinaten aus der Karte werden geometrisch durch ihre
Koordinaten nach den Projektionsvorschriften des Datensatzes bestimmt. Die
korrespondierenden Passpunkte in der Bildmatrix werden geometrisch durch
ihre Zeilen- und Spaltenindizes aus dem Rastermodell definiert.
Schritt 2:
Nach Festlegen einer genügend großen Anzahl von
Passpunkten werden die Transformationsfunktionen für die geometrische
Transformation der Kartenkoordinaten in die Bildindizes und die geometrische
Transformation der Bildindizes in die Kartenkoordinaten mit Hilfe der
Passpunkte berechnet. Die resultierenden Transformationsfunktionen stellen
aufgrund der Anzahl und der prinzipiellen Ungenauigkeit der Lage der
Passpunkte eine möglichst gute Schätzung der neuen Koordinatenwerte dar.
Generell wird dies mit Hilfe statistisch-numerischer Anpassungsrechnungen
(iterative Optimierung) erreicht. Als Funktionstypen für die
Transformationsfunktionen werden je nach Verzerrungsgrad und Qualität der
Passpunkte unterschiedliche Verfahren angewendet:
- Lineare Rektifizierungsmethode: wird benutzt um ein bereits
geometrisch korrekt vorliegendes Rasterbild in ein Koordinatensystem
„einzuhängen“. Es werden mindestens 2 Passpunkte benötigt.
Einschränkung: Mit dieser Methode können keinerlei Verzerrungen sondern
nur linerare Skalierungen vorgenommen werden.
- Affine Rektifizierungsmethode: Die affine Transformation ist eine
Transformation 1.Ordnung. Mit ihr lassen sich Bilder spiegeln und
rotieren. Einschränkung: Mit dieser Methode können keine nichtlinearen
Verzerrungen korrigiert werden
- Polynominale Rektifizierungsmethode: Bei Polynom-Rektifizierungen
kommt es auf die Ordnung des Polynoms an:
- Polynom 1. Ordnung: entspricht im Wesentlichen einer linearen
und affinen Transformation. Einschränkung: Die Wahl und die
Verteilung der Passpunkte erfordert viel Erfahrung
- Polynome 2. Ordnung eignet sich um einfache Verzerrung von
Länge und Breite in einer ebenen Projektion abzubilden. Es ist
eine nicht lineare Transformation, die einfache Verzerrungen
korrigiert. Einschränkung: Die Wahl und die Verteilung der
Passpunkte erfordert viel Erfahrung
- Polynome 3. Ordnung eignet sich zum Entzerren von nicht
regelhaft verzerrten Scanvorlagen, Satellitendaten und
Luftbildern. Einschränkung: Die Wahl und die Verteilung der
Passpunkte erfordert viel Erfahrung
- Polynome 4. und höherer Ordnung eigenen sich zur Entzerrung
von stark verzerrten Datenbeständen. Bei der Wahl eines
geeigneten höheren Polynoms kommt es vor allem auf die
Verteilung der Verzerrung und der Passpunkte an. Einschränkung:
Die Wahl und die Verteilung der Passpunkte erfordert viel
Erfahrung
- Triangulation: Üblicherweise wird bei einer Triangulation eine
Dreiecksvermaschung der Kontrollpunkte durchgeführt. Innerhalb der
Dreiecke wird jeweils eine separate Transformation bestimmt.
Einschränkung: Die Wahl und die Verteilung der Passpunkte erfordert viel
Erfahrung
Schritt 3:
Über diesen Kartenausschnitt wird ein Gitternetz
in der gewünschten Maschenweite (Pixelgröße) der Zielbildmatrix
gelegt.
Schritt 4:
Auf den Mittelpunkt jeder Gittermasche werden die
Transformationsfunktionen angewendet. Als Resultat erhält man den
zugehörigen Zeilen- und Spaltenwert in der originalen
Bildmatrix.
Nun wird die geschätzte Position aus der originalen Bildmatrix ein
bestmöglich repräsentativer numerischer Wert berechnet (resampling). Hierfür
gibt es drei gängige Verfahren:
- das nearest-neighbour-Verfahren, bei dem numerische Wert der der
Originalposition nächstgelegenen Rasterzelle in die Gittermasche
Zielbildes übertragen wird (üblich bei Satelliten und anderen Messdaten
da es zu keiner numerischen Veränderung der Messwerte kommt)
- lineare (bilineare Interpolation) bei der die numerischen Werte der
Nachbarpixel der der Originalposition nächstgelegenen Rasterzellen in
eine oder zwei Raumrichtungen interpoliert und in die Gittermasche
Zielbildes übertragen werden (Veränderung der Zahlenwerte aber
gefälligeres, glatteres Bild)
- quadratische Interpolationsmethoden (bikubische Konvolution). bei der
die numerischen Werte der Nachbarpixel der der Originalposition
nächstgelegenen Rasterzellen in kubisch interpoliert und in die
Gittermasche Zielbildes übertragen werden (Veränderung der Zahlenwerte
aber gefälligeres, glatteres Bild)
Nachdem alle Gittermaschen im Kartenausschnitt dieser Berechnung
unterzogen wurden, erhält man ein auf die Referenzdaten geometrisch
angepasstes Bild mit der gewählten Wertezuweisung. War das Referenzsystem
geographisch projiziert ist natürlich auch das Zielbild geographisch
referenziert. Die Geokodierung ist ein allgemein anwendbares Verfahren, um
raster- bzw. vektorbasierte Geodaten aus unterschiedlichen
Koordinatensystemen empirisch aufeinander anzupassen.