Räumliche Entscheidungsfindung

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Methoden zur Bestimmung der Gewichte

Im Prozess der Entscheidungsfindung ist, wie bereits angeschnitten wurde, für verschiedenen Interessengruppen die einzelnen Bewertung und Bedeutung der einzelnen Kriterien unterschiedlich. Wie sollen solche Bewertungen vergleichbar gemacht werden? Genau die gleiche Frage stellt sich bei der Suche nach dem Lebensraum für den Wolf in St. Gittal. Angenommen die Experten und Expertinnen hätten sich darauf geeinigt, eine gewichtete Verschneidung für ihre Eignungsanalyse zu verwenden. Wie sollen sie nun die einzelnen Kriterien gewichten? Wie kommen die Experten darauf, dass etwa das Kriterium „Rückzugsgebiet Wald“ 1,5-mal so wichtig sein soll wie „steiles und felsiges Gelände“? Die Verteilung der Gewichte ist bei einer Eignungsanalyse mit gewichteter Verschneidung genauso wichtig wie schwierig. Diese Unit zeigt drei Methoden, wie im Dialog mit den Experten eine Gewichtung der Kriterien erfolgen kann.

Gewichtung nach Ranglisten

Am einfachsten erfolgt eine Gewichtung über eine Rangierung („ranking“) der Kriterien. Dabei kann aufsteigend oder absteigend rangiert werden. Aufsteigend bedeutet, dass das wichtigste Kriterium den Rang 1 erhält, das zweitwichtigste den Rang 2 usw. Durch eine absteigende Rangierung erhält das unwichtigste Kriterium den Rang 1, das nächst wichtigere den Rang 2 usw. Sind die Ränge einmal verteilt, können die den Rängen entsprechenden numerischen Gewichte auf verschiedene Weise abgeleitet werden.

  • Summierend („rank sum“): Bei n Kriterien erhält der Rang r das Gewicht n - r + 1.
  • Reziprok („rank reciprocal“): Bei n Kriterien erhält der Rang r das Gewicht 1 / r, also seinen Kehrwert.
  • Exponentiell („rank exponent“): Bei n Kriterien erhält der Rang r das Gewicht (n - r + 1)p. Dabei ist der Exponent p ein Parameter, um die Verteilung der Gewichte zu steuern. Ist p = 0, erhalten alle Kriterien das gleiche Gewicht. Der Wert p = 1 gewichtet wie die summierende Gewichtung. Je höher p wird, desto steiler wird die Gewichtsverteilung.

Meist werden die einzelnen Gewichte um der Vegleichbarkeit willen normalisiert: Durch die Division der einzelnen Gewichte durch die Summe aller Gewichte werden die einzelnen Gewichte zu Bruchzahlen im Wertebereich 0-1 umgerechnet. Die Summe der normalisierten Gewichte beträgt 1.

Vertiefung Rangliste (Klicken Sie hier für mehr Informationen)

Vor- und Nachteile Rangliste

Die Gewichtung nach Ranglisten ist sehr beliebt, weil sie so einfach ist. Allerdings nimmt ihre Aussagekraft mit zunehmender Kriterienzahl rasch ab. Die Resultate dieses Ansatzes sollten immer äusserst vorsichtig interpretiert und sorgfältig dokumentiert werden. Sie dürfen höchstens als einfache erste Annäherung verstanden werden.

Gewichtung durch Rating

Eine andere verbreitete Methode ist die Einstufung („rating“). Dabei erhalten die rangierten Kritereien je nach ihrer relativen Bedeutung eine Punktzahl.

  • Bei der Verteilung mit Gesamtpunktzahl („point allocation“) gilt es, eine Gesamtpunktzahl auf die gewählten Kriterien zu verteilen. Bei einer Gesamtpunktzahl von z. B. 100 könnten die Kriterien mit abnehmender Bedeutung die Gewichte 35, 30, 20, 10 und 5 Punkte bekommen.
  • Bei der Verhältnisschätzung („ratio estimation“) hingegen kann jedes Kriterium mit einer beliebigen Punktzahl aus einem definierten Wertebereich versehen werden. Das wichtigste Kriterium erhält die höchste Punktzahl (z. B. 100), völlig unbedeutende Kriterien dagegen die Punktzahl 0.

Vertiefung Rating.... (Klicken Sie hier für mehr Informationen)

Vor- und Nachteile Rating

Auch diese Methode ist sehr einfach umzusetzen und deshalb beliebt. Sie eignet sich besonders für einfache Fragestellungen mit wenigen Kriterien, deren relative Bedeutung mit etwas gesundem Menschenverstand oder Sachwissen abgeschätzt werden kann. Allerdings ist die Verteilung der Punktzahlen wiederum sehr subjektiv und meist nur schlecht legitimierbar.

Raster- oder Vektor-Overlay in der Eignungsanalyse? (Klicken Sie hier für mehr Informationen)

Kritische Diskussion der Gewichtungsmethoden

Auch die gewichtete Verschneidung hat Schwachpunkte und weist Probleme auf. Das größte Problem bildet sicher die Wahl der Gewichte. Wie Sie selbst gesehen haben, beeinflussen sie das Resultat einer Eignungsanalyse erheblich. Mit welcher Rechtfertigung erhielt die Vegetationsebene im obigen Beispiel das größte Gewicht? Meist nehmen Experten und Expertinnen diese Gewichtung vor und berufen sich dabei auf Angaben in der Fachliteratur. Aber unterschiedliche Fachleute werden die Gewichtung der Kriterien je nach eigenen Interessen unterschiedlich vornehmen. So dürften Biologen, Touristiker und Jäger die Gewichtungen zur Bestimmung der geeigneten Wolfslebensräume in St. Gittal sehr unterschiedlich vornehmen. Im obigen Beispiel erfolgte die Gewichtung willkürlich. Die folgende Unit zeigt, dass es auch andere Vorgehensweisen gibt. Weiter gilt es festzuhalten, dass in vielen SDSS-Anwendungen gezielt ein experimenteller Umgang mit der Gewichtsverteilung gepflegt wird. Im Sinne von „was wäre wenn“-Szenarien kann so der Einfluss verschiedener Kriterien in einer Eignunsanalyse untersucht werden. Ein weiteres Problemfeld ist die Wahl des Evaluationsalgorithmus. Anstatt einer linearen Zuordnung der Eingangs- auf die Indexskala, wären beliebige andere Funktionen denkbar. Und anstatt die gewichteten Eingangsebenen zu summieren, könnten sie auch z. B. multipliziert oder verrechnet werden. Die Resultate einer Eignungsanalyse können selbst bei identischen Eingangsdaten und identischen Gewichten je nach Wahl des Verrechnungsmodus beträchtlich variieren. Aus diesen Gründen ist beim Einsatz der gewichteten Verschneidung stets darauf zu achten, die Entstehungsbedingungen der Resultate klar aufzuzeigen. Nur so können die Eignungskarten als das dienen, was sie wirklich sind: ein objektives Hilfsmittel zur Entscheidungsunterstützung.

Die gezeigten Methoden unterscheiden sich durch die ihnen zugrunde liegende Skala. Die Gewichtung nach Ranglisten und die Gewichtung durch Einstufungstehen weitgehnd ohne theoretische Grundlage da. Welche der Methoden zum Einsatz kommt, hängt von einer Reihe von Fragen ab: Wie genau muss die Analyse sein? Wie gross ist die Fachkompetenz und die Erfahrung der Fachleute mit gewichteter Verschneidung? Oder wie schwierig ist die Integration der Methode in ein GIS? Die grosse Gefahr beim Einsatz von Gewichtungen in der räumlichen MCE liegt in der unbedarften, unvorsichtigen oder falschen Festlegung der Gewichte. Falsche Gewichte führen zu falschen Resultaten der Eignungsanalyse und können so zu falschen Entscheidungen führen. Diese Gefahr besteht bei allen drei Methoden, da die Gewichtung letztlich immer in der Verantwortung von Fachleuten liegt.

important

Jede Eignungskarte oder Raumanalyse muss vollständig Transparenz darstellen wie sie aus welchen Gründen erzeugt wurde

Bearbeiten Sie...

idee

Betrachten Sie erneut die Übung zur gewichteten Verschneidung.

  • Wie würden Sie vorhehen um eine transparente Dokumentation ihrer gewählten Gewichte vorzunehmen?
  • Wie würden Sie vorgehen um Ihre Gewichte zu ermitteln?
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